Hartz-IV-Regelungen entbürokratisieren und vereinfachen - Sanktionsmöglichkeiten unverzichtbar

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„Nach wie vor sind die Regelungen sowohl für die Betroffenen wie auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern zu kompliziert und zu bürokratisch. Das führt zu einer Vielzahl von Widersprüchen und Rechtsstreitigkeiten. Viele komplizierte Berechnungen der Einzelansprüche sollten durch die Möglichkeit der Pauschalierung vereinfacht werden. Je einfacher und transparenter das System gestaltet wird, umso mehr können sich die Jobcenter auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich Menschen wieder in Arbeit zu bringen.

Der Grundsatz „Fördern und Fordern“ hat sich bewährt. Deswegen wäre es falsch, Sanktionsmöglichkeiten abzuschaffen. Das komplizierte Recht muss durchforstet werden. Oftmals genügen kleine Veränderungen, um in großem Umfang Bürokratie abzuschaffen. Dazu gehören insbesondere folgende Ansatzpunkte, die auch den Vorschlägen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe entsprechen:

-     Verlängerung des Bewilligungszeitraums

Bisher wird das Arbeitslosengeld II für sechs Monate bewilligt und nur in Ausnahmefällen für ein Jahr. Das bindet Arbeitskräfte und führt immer wieder zu neuen Vorgängen. Hier sollte künftig geregelt werden, dass Leistungen in der Regel für 12 Monate bewilligt werden.

-     Vereinfachung und Vereinheitlichungen der Sanktionen 

Bisher gelten verschärfte Sanktionsregelungen für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr nicht vollendet haben. Hier sollten künftig für alle Bezieher einheitliche Sanktionsvorschriften gelten. Auch eine gestufte Minderung der Leistung bei wiederholten Pflichtverletzungen schafft zusätzlichen Aufwand. Künftig sollte für jede Pflichtverletzung ein einheitlicher Minderungsbetrag vorgesehen werden, unabhängig davon, ob eine erstmalige oder wiederholte Pflichtverletzung vorliegt. 

-     Auf eine Minderung bei den Bedarfen Unterkunft und Heizung sollte generell verzichtet werden.

-     Temporäre Bedarfsgemeinschaften 

Haben sich die Eltern getrennt und besuchen die Kinder zeitweise einen anderen Elternteil, ist immer wieder erforderlich, tagesgenau die Berechnung der anzuwendenden Bedarfsgemeinschaft zu erfassen. Das kann vereinfacht werden, indem ein Kind zukünftig immer nur einer Hauptbedarfsgemeinschaft zugeordnet wird.

-     Erhebliches Potential zur Vereinfachung besteht auch im Bereich Kosten der Unterkunft und der Heizung. So sollte z. B. eine Gesamtangemessenheitsgrenze eingeführt werden. Eine höhere Miete kann dann angemessen sein, wenn dies durch geringere Aufwendungen für die Heizung ausgeglichen wird, weil die Wohnung z. B. energetisch saniert wurde. Genossenschaftsprojekte werden auch für Erwerbslose häufig interessant, um in solchen Anlagen eine Wohnung zu mieten. In der Praxis ist bisher streitig, ob Genossenschaftsanteile wie Mietkautionen zu behandeln sind. Dies sollte im Sinne des Genossenschaftsprinzips im Gesetz klargestellt werden. Auch damit können Streitigkeiten vermieden werden.

-     Durch die Einführung eines Pauschalbetrages bei einer Riesterrente könnte ebenfalls das Verfahren deutlich vereinfacht werden. Bisher muss das Vorjahreseinkommen genau geprüft werden. Einfacher ist es, 3 % des monatlichen Bruttoeinkommens, mindestens aber 5 Euro, anzuerkennen.

-     Zurzeit gibt es „eine Bagatellgrenze“ für geringfügige Kapitalerträge von 10 Euro monatlich. Da es sich um eine Bagatellgrenze handelt, sind Kapitalerträge, die höher als 10 Euro sind, in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen. Betroffen sind z. B. geringe Zinseinnahmen von Sparbüchern der Kinder, die regelmäßig jährlich ausgezahlt werden und die 10 Euro überschreiten. Mit einem jährlichen Freibetrag von 100 Euro würden diese Kapitalerträge weitgehend anrechnungsfrei gestellt.

-     Beim Zusammentreffen von Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit und sonstigem Erwerbseinkommen könnte klargestellt werden, dass ein Freibetrag von 200 Euro gilt. Auch damit würden komplizierte Berechnungen erspart. 

-     Abschlagszahlung auf den Folgemonat statt Darlehen
Es kommt immer wieder vor, dass Leistungsberechtigte vor Monatsende beim Jobcenter nachfragen, weil sie ihr Geld aufgebraucht haben. Bisher besteht in dieser Situation nur die Möglichkeit einer Darlehensgewährung. Hier sollten Abschlagszahlungen auf den nächsten Monat möglich sein. 

-     Pfändungsschutz

Nach der derzeitigen Rechtslage sind Ansprüche auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wie Arbeitseinkommen pfändbar. Das ist nicht zielführend. Hier müssen wiederum aufwändige Ermittlungen angestellt werden, obwohl in der Regel keine pfändbaren Beträge erkennbar sind. Hier sollte der Gesetzgeber klarstellen, dass insoweit generell ein Pfändungsschutz besteht.“

http://www.welt.de/politik/deutschland/article129660571/Hartz-IV-soll-einfacher-und-transparenter-werden.html

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