„Erfolgreiche und moderne Kommunalpolitik braucht mehr Frauen in den Räten, aber auch in den Führungspositionen als Oberbürgermeisterinnen oder Bürgermeisterinnen. Das gelingt zurzeit nur unzureichend. Im Bundesdurchschnitt liegt der Anteil der Mandatsträgerinnen bei rund 26 Prozent (75 000 Frauen) und bei den Oberbürgermeisterinnen und Bürgermeisterinnen bei etwa zehn Prozent (700 Frauen). Um das zu ändern, ist eine Leitbild „Frauenförderung in der Kommunalpolitik“ notwendig.
Während andere Arbeitgeber für Frauen Förderprogramme entwickeln und teilweise auch vom Gesetzgeber dazu angehalten werden, gelingt es nur vereinzelt gerade jungen Frauen an die Kommunalpolitik heranzuführen. Potenzielle Mandatsträgerinnen fürchten abendfüllende Sitzungen und Beratungen, die mit einem Familienleben mit Kindern kaum zu vereinbaren sind. Hier muss man ansetzen. Warum sollte nicht eine Ratssitzung auch einmal zu Zeiten stattfinden, wenn die Kinder entweder in der Schule oder in der Kita ohnehin betreut werden? Warum sollte es nicht möglich sein, dass eine junge Mutter an einer Ausschusssitzung online teilnehmen kann und somit von zu Hause arbeitet, ohne eine alternative Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder suchen zu müssen? Warum finden kommunalpolitische Veranstaltungen regelmäßig in den Abendstunden oder an Samstagen oder Sonntagen statt? Sollte es nicht selbstverständlich sein, dass bei einer Ratssitzung auch eine Kinderbetreuung angeboten wird? Der Umstand, dass eine junge Frau Mutter ist oder es werden möchte, sollte kein Hinderungsgrund sein, sondern ihr erst recht Chancen in der Kommunalpolitik eröffnen.
In einem Leitbild zur Frauenförderung sollte den Bürgerinnen und Bürgern auch klargemacht werden, dass die Omnipräsenz von Kommunalpolitikern bei jeder Veranstaltung zu jeder Tages- und Nachtzeit von jungen Frauen eben gerade nicht erwartet werden kann und auch nicht erwartet werden sollte. Das gilt übrigens für junge Familienväter, die sich in der Kommunalpolitik engagieren, in gleicher Weise. Das ganze muss zu einem nachhaltigen Prozess entwickelt werden, der natürlich die örtlichen Besonderheiten berücksichtigt. Nur wenn diese Diskussionen angestoßen und die Leitbildentwicklung vorangetrieben wird, kann es in den Städten und Gemeinden gelingen, mehr engagierte Frauen einzubinden. Wenn Kommunalpolitik fraulicher, jünger, engagierter und bunter wird, ist das immer ein Gewinn für den Ort. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die kommunalen Spitzenverbände, in denen nach wie vor Frauen – jedenfalls in Führungspositionen – unterrepräsentiert sind.“
(Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB, August 2015)