Der FAZ Redakteur Rüdiger Soldt schrieb Ende Juli in einem bemerkenswerten Beitrag über minderjährige Flüchtlinge: “Sie kommen aus Algerien und steigen in Freiburg aus dem ICE. Sie kommen ohne Rucksack und ohne Pässe. Nur ein Smartphone haben sie immer dabei. Das brauchen sie, um Kontakt zu halten. Zur Familie in Afghanistan oder Eritrea. Vielleicht auch, weil sie manchmal Anweisungen von den Schleppern bekommen, in denen ihre Familien mehrere 1000 € bezahlt haben.” Auch in der Stadt Witten an der Ruhr gab es zunächst Skepsis, was die Handynutzung betrifft. Sie legte sich erst, als ein Mitarbeiter aus dem Amt für Wohnen und Soziales, der die Flüchtlinge unterbringt, erzählte, dass mindestens 50 % von Ihnen bereits “mit einem Handy in der Hand, auf der eine Übersetzungs-App bereits gestartet ist, den Raum betreten”.
Die Stadt Witten ist es auch, die in einer beispielgebenden Aktion nicht nur das Engagement für Flüchtlinge in der Stadt koordiniert, sondern auf digitale Services setzt.
Die Aktion Freifunk, Stadtverwaltung und HelpKiosk, ein überparteiliches Bündnis, und die Flüchtlingsinitiative der Uni Witten/Herdecke koordinieren und kooperieren in Witten erfolgreich das Engagement für Flüchtlinge mittels einer Datenbank, der Witten-App und der Bereitstellung von Informationen und Wissen aus dem Internet. Damit soll u.a. unbürokratisch durch den Dschungel der Hilfsangebote navigiert werden.
Die von dem Unternehmen CityGuide in Osnabrück erstellte App informiert über die Bereiche Arbeit und Qualifizierung, Bekleidung, Betreuung und Beratung, Gesundheit, Integration durch Gemeinschaft, Kinder und Jugendliche, sowie Möbel und Hausrat. Informiert wird auch über kostenlose Räume für Kurse für Flüchtlinge sowie Sprach- und Bildungsförderung für Kinder beziehungsweise für Erwachsene. Nach Auswahl der Hilfsangebote klickt man auf eine Karte und startet die Navigation. In der Innenstadt funktioniert das durch ein sehr dichtes WLAN-Netz von Freifunk besonders gut. Mit einer “around me Funktion” wird auf einer Karte über Symbole angezeigt, was um den aktuellen Standort herum angeboten wird. Gelistet sind auf der App auch verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten, die helfen können, auch ohne Dolmetscher in verschiedenen Sprachen miteinander kommunizieren zu können. Der Help Kiosk befindet sich unmittelbar vor dem Rathaus und ist eine zentrale Anlaufstelle. Da Flüchtlinge oft Hemmungen gegenüber Behörden haben, besteht hier die Möglichkeit, mit weniger Hemmschwellen an Informationen oder Alltägliches wie ein Möbel zu gelangen oder Karten zu finden, die beim Einkaufen und Behördengängen unterstützen. Die Datenbank des Help Kiosk wurde von einem Mitglied des Freifunk Witten in Kooperation mit dem der eGovernment Stelle der Stadt Witten entwickelt und erweitert das Angebot um Rubriken wie “Bieten” und “Suchen” für Gegenstände, Unterstützung im Alltag, bei Behördengängen oder anderes.
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