Eisern sparen: Ja! Kaputtsparen: Nein!

Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DStGB

Ein Gastkommentar von Uwe Zimmermann, stellvertretender  Hauptgeschäftsführer des DStGB, in „Der Neue Kämmerer“, Ausgabe Juni 2014.

Nackte Zahlen können nicht lügen, aber sie erzählen auch nicht immer die ganze Wahrheit. Glaubt man den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, dann müsste es den Städten und Gemeinden in Deutschland finanziell gutgehen. Das Statistische Bundesamt hat errechnet, dass die Kommunen in Deutschland 2013 einen Überschuss von 1,1 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Diese positive Zahl kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es keine allgemeine Entspannung der Finanzlage in den Städten und Gemeinden gibt. Leider sind immer mehr Kommunen in einer desolaten Finanzsituation, denen der rechnerische kommunale Haushaltsüberschuss im Bundesdurchschnitt nichts hilft. Während einige Städte und Gemeinden blendend dastehen, merken die finanzschwachen Städte und Gemeinden kaum etwas von der guten Konjunktur. Damit vergrößert sich die Schere zwischen reichen und armen Kommunen zusehends.

Kommunalpolitiker von finanzschwachen Städten und Gemeinden müssen seit Jahren mit der Streichung sogenannter „freiwilliger Leistungen“ das Angebot für Lebensqualität, sozialen Zusammenhalt, Freizeit und Bildung reduzieren. Beispiele gibt es genug: Schließungen von Bädern, Einschränkungen des kulturellen Angebots, Kürzungen bei Sportvereinen, Aufgabe von Jugendeinrichtungen und Stadtteilarbeit, Kürzungen in der Seniorenpolitik sowie dauernden Ärger über marode Straßen und Brücken. Gerade unterbliebene Investitionen in die Infrastruktur rächen sich zudem finanziell – das nur behelfsmäßig geflickte Schlagloch ist im Folgejahr noch größer.
Dies trifft die Bevölkerung in unseren Kommunen hart. Durch Dauersparzwang, Kürzungen und Einsparungen drohen den betroffenen Städten und Gemeinden eine Verödung und ein kultureller und sozialer Kahlschlag. Zudem findet eine Verarmung der kommunalen Demokratie statt. Notstandsverwaltung hat nichts mit aktiver Kommunalpolitik und Gestaltung des örtlichen Lebensumfeldes zu tun. In vielen Kommunen gibt es bereits jetzt nicht mehr ausreichend Kandidaten für die kommunalen Mandate.

Dabei sind es die Kommunen, die dafür sorgen, dass der Alltag der Menschen funktioniert. Irgendwann akzeptieren die Bürger keine weiteren Einschnitte in ihrer kommunalen Infrastruktur. Ein Kaputtsparen der Kommunen würde den sozialen Frieden gefährden, ein Ausbluten der kommunalen Demokratie die Basis unseres Gemeinwesens gefährden.

Die Konsolidierung der kommunalen Finanzen ist zwar weiter zwingend notwendig. Der Sparkurs ist aber nur dann erträglich, wenn am Ende ein realistisches Ziel steht. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die kommunale Demokratie zu stärken und die Kommunalpolitik wieder in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich für die Bürgerinnen und Bürger zu handeln! 

Notwendiger denn je ist eine vom Nutzer entscheidend mitfinanzierte Infrastruktur, die bedarfsgerecht ausgerichtet wird. Dabei wird es auch weiterhin Einschnitte geben müssen. Gleichzeitig kann die demographische Entwicklung an dieser Stelle als Chance gesehen werden, das Infrastrukturangebot behutsam, aber zielorientiert auf die neue Bedarfssituation auszurichten. Eine bedarfsgerechte Ausrichtung der Infrastruktur sollte jedoch nicht in „Tabula-rasa-Manier“ geschehen, sondern in geeigneten Schritten und in Abstimmung mit der Bevölkerung. Die Frage, was man in einer Kommune  wirklich braucht und sich leisten kann, sollten sich die politisch Verantwortlichen dabei allerdings immer stellen. Ansonsten laufen sie Gefahr, die Finanzhoheit im eigenen Hause zu verlieren. 

Unter enormen Anstrengungen haben die Kommunen bislang die Konsolidierungsaufgaben gestemmt. Das war und ist nicht einfach. Es muss weiter daran gearbeitet werden, dass die Städte und Gemeinden nicht in Stillstand geraten. Es muss weiter investiert werden, damit die Entwicklung vorangeht. Verantwortungsbewusst für die nächsten Generationen mit den Finanzen umgehen und auf Bildung, Betreuung und Förderung zu setzen: Das ist dabei die Devise. 

Trotz aller Bemühungen und aller geleisteten Anstrengungen können  die Herausforderungen des Strukturwandels von einer Reihe von Städten und Gemeinden nicht alleine bewältigt werden. Dies hat Folgen für den Zustand der Infrastruktur. Unsere Kommunen brauchen jetzt Unterstützung, weil sie in ihrer Finanznot Schwimmbäder, Büchereien und Jugendtreffs schließen mussten und müssen. Um diese Situation zu verbessern, bedarf es nicht nur einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen und einer höheren Bundesbeteiligung an den Soziallasten: Es geht auch darum, weiter Solidarität in Deutschland umzusetzen und überall für gleichwertige Lebensverhältnisse einzutreten. Strukturschwache Regionen und Kommunen müssen ungeachtet der Himmelsrichtung zukünftig überall gestärkt werden. Unverzichtbar ist eine Neuordnung der öffentlichen Finanzbeziehungen mit einer Stärkung der Kommunalfinanzen. Bund und Länder müssen sich zu ihrer Verantwortung für bedürftige Regionen und Kommunen in ganz Deutschland bekennen!

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