Pflege geht alle an – deshalb fordern auf dem Deutschen Pflegetag erstmalig Pflegekassen und Leistungserbringer gemeinsam, jetzt die richtigen Weichen zu stellen. „Alle, die Verantwortung für die Strukturen der Pflege tragen, müssen einen Beitrag zu ihrer zukunftsfähigen Gestaltung leisten – Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, Pflegeberufe, Bund, Länder und Kommunen sowie Einrichtungsträger“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier von AOK-Bundesverband, Deutschem Städte- und Gemeindebund sowie dem Deutschen Pflegerat (DPR) anlässlich des Deutschen Pflegetages. Sie sind neben Springer Medizin und dem GKV-Spitzenverband Kooperationspartner des dreitägigen Pflegekongresses, der erstmals vom DPR, dem Dachverband der Pflegeorganisationen und des Hebammenwesens, veranstaltet wird und noch bis Samstag andauert. Die Politik ist durch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe vertreten, der den Kongress heute eröffnet.
Deutliche Worte kommen vom AOK-Chef Jürgen Graalmann zum Kongressauftakt: „Symbolpolitik reicht längst nicht mehr. Schon 2011 war von einem Jahr der Pflege die Rede. Tatsächlich erwartet uns aber ein „Zeitalter der Pflege“. Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegekräfte wünschten sich einfach mehr Tempo bei der Umsetzung einer großen Pflegereform. Das Thema gehöre auf der politischen Agenda ganz nach vorne. „Deshalb haben wird dieses breite Bündnis maßgeblicher Akteure im Pflegebereich gebildet.“ Zentrales Anliegen der Kongresspartner ist die Neudefinition der Pflegebedürftigkeit, im Rahmen einer umfassenden Pflegereform. „Es muss zügig ein Gesetzgebungsverfahren zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeleitet werden“, betont Andreas Westerfellhaus.
Der Pflege-Chef bemängelt, dass sich im Koalitionsvertrag nur eher vage Absichtserklärungen fänden, und warnt: „Jede Reform wird ein Flop, wenn nicht in erster Linie geklärt ist, woher die professionell Pflegenden kommen, wie sie zu qualifizieren sind, wie wir sie im Beruf halten wollen und welche Aufgaben sie übernehmen sollen.“ Er fordert einen Nationalen Aktionsplan für die Pflegenden, der neben einem Berufsgesetz auch die Festlegung von Personalmindestmengen in Krankenhäusern und Pflegeheimen beinhalten sollte. „Nur mit ausreichendem und ausreichend qualifiziertem Personal kann die Umsetzung der erweiterten Leistungen gelingen“, sagt Westerfellhaus.
So prognostizierte jüngst die Bertelsmann Stiftung im Pflegereport 2030 eine Versorgungslücke von rund einer halben Million Vollzeitkräfte und fordert vor allem die Kommunen zum Handeln auf. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) nimmt die Herausforderung an: „So wie wir jetzt versuchen, in einem Kraftakt ein kinderfreundliches Land zu werden und die Kitaplätze in den letzten Jahren immens ausgebaut haben, werden wir uns auf die alternde Gesellschaft vorbereiten müssen. Bereits bei der Stadtplanung müssen die zukünftig erforderlichen häuslichen Versorgungsdienste, ambulante Pflegeeinrichtungen und ein vernetztes Hilfesystem im Sozialraum bedacht und berücksichtigt werden“, sagt Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied im DStGB. DPR-Präsident Westerfellhaus betont, dass alle Akteure gemeinsam ganzheitliche Konzepte entwickeln müssen. „Sonst wird das ganze Versorgungssystem demnächst kollabieren.“
Weitere Infos
- Gemeinsames Positionspapier des DStGB, des Deutschen Pflegerates und des AOK-Bundesverbands "Pflege geht alle an" (PDF, 262 KB)
- DStGB-Positionspapier "Infrastruktur in Städten und Gemeinden umbauen - Medizinische Versorgung anpassen - Nachhaltige Finanzierung sichern"
- "Wie kann Pflege besser werden?" - www.tagesschau.de