Das Tagungsprogramm begann mit einer Diskussion zum Thema „Überbordende Überwachung? Sicherheit versus Freiheit – Demokratie im digitalen Zeitalter“. Eingangs stellte DStGB-Sprecher Franz-Reinhard Habbel die Verbindung zwischen der aktuellen Diskussion über die Ausspähung von 200 Millionen E-Mails/sms täglich zu der auch in den Kommunen immer selbstverständlicher werdenden Nutzung der neuen Medien her. Die Kommunen würden hiermit zu Opfern solcher Machenschaften. In der Diskussion betonte Herr Prof. Dr. Dirk Heckmann, Universität Passau, den Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmungsfähigkeit und Lars Klingbeil, MdB, Mitglied im Bundestagsausschuss Digitale Agenda, verlangte eine EU-Datenschutzverordnung und andere Maßnahmen, um im IT-Bereich das Primat der Politik gegenüber Geheimdiensten und diese unterstützende Privatfirmen wieder zu erlangen. Matthias Kammer, Direktor des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit, widersprach allerdings der Annahme, die Vorkommnisse hätten das Vertrauen in die IT-Technik nachhaltig gestört. Laut einer dimap-Studie hätten nur 9 % der User eine Verhaltensänderung als Konsequenz gezogen. Vertrauen fehle zusehends gegenüber den Institutionen des Sicherheitsapparates, und weniger gegenüber dem Internet allgemein. Eine Art Daten-Kodex soll künftig helfen, die Gefahren im Bereich der Internetnutzung zu verringern.
„Sicherheit in Kommunen aus der Perspektive der privaten Sicherheitswirtschaft“ war das Thema von Gregor Lehnert, Präsident des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft. Nach dem Rückzug der Polizei aus der Präsens in der Fläche seien manche bislang von Polizisten wahrgenommene Aufgaben „rekommunalisiert“ worden und die Wahrnehmung verschiedenster Aufgaben werde zunehmend von Kommunen in die Hände des Sicherheitsgewerbes gelegt. Allerdings beklagte er vielerorts die völlig unzureichende Qualifizierung in Betrieben des privaten Sicherheitsgewerbes, weshalb sein Verband (bdsw) sich vehement für verbindliche Standards bei der Ausbildung sowie für die von der IMK geforderte Zertifizierung einsetze. Zwar werde die Bereitstellung der Leistung dann etwas aufwändiger, aber erst dann sei die Übertragung der Aufgaben auf das Sicherheitsgewerbe ohne große Qualitätsmängel zu gewährleisten. Insgesamt sieht er seine Branche im Aufwärtstrend.
In dem Vortrag von Tobias Töpfer, Geschäftsführer ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie im Vorstand der ARGE Errichter und Planer, ging es um die Frage „Wie werden komplex miteinander verbundene kritische Infrastrukturen geschützt?“ Die Lösung müsse vor allem im Bereich von eigenen Netzen liegen, die vom allgemeinen Internet getrennt sind. Wo die Nutzung des Internets unabdingbar bleibt, müsse die IT-Sicherheit durch eine Normung auf hohem Niveau sichergestellt werden (z.B. durch DIN-Normierung, Projekt „KITS“).
Über ein Modell, das „Vernetzte Sicherheitslösungen für Städte und Gemeinden“ liefern soll, referierte Norbert Stühmer, Bosch Sicherheitssysteme GmbH. Sicherheitsprobleme wie die gestiegenen Wohnungseinbrüche ließen sich durch zentrale „Gebäudemanagementsysteme“ erheblich mildern und der Zusammenschluss solcher Systeme in einer Stadt könne die Städte insgesamt sicherer machen. Dies sollte bei der Diskussion über „smart cities“ bzw. „smart communities“ berücksichtigt werden. Gegen Cyber-Attacken auf die elektronischen Netzte der Kommune gerichtet sei eine Handreichung des Bundesamtes BSI, mit deren Erscheinen im Jahr 2015 gerechnet wird.
Das von den Veranstaltern initiierte Video mit dem Titel „Sicher durch die Katastrophe – ohne Kommunikation geht nichts“ leitete in das Nachmittagsprogramm ein, in dem vor allem die von Städten und Gemeinden vorzunehmende Notfallplanung thematisiert wurde. Der Film ist auf YouTube unter https://www.youtube.com/watch?v=muyMh8e3t4c zu sehen. Darin wie auch in der anschließenden Diskussion ging es vor allem um die rechtzeitige und effektive Vorbereitung in den Kommunen auf eine mögliche Katastrophe.
DStGB-Referatsleiter Ulrich Mohn unterstrich einleitend die hohe Bedeutung der Fähigkeiten von Bürgermeistern zur Sicherheitskommunikation. Bereits im Vorfeld gelte es, im Dialog mit allen Beteiligten ein gemeinsames Risikomanagement vorzunehmen und angepasste Notfallpläne zu erstellen. Wichtig seien in jedem Fall organisatorische Maßnahmen zur Vorbereitung des Krisenmanagements wie z.B. Arbeit des Verwaltungsstabs in enger Kooperation mit der Feuerwehr, geeignete Verfahren der Warnung und nicht zuletzt die Vorbereitung der Krisenkommunikation im Ernstfall. Spezielle Handreichungen, Schulungskurse der AKNZ oder begleitete Notfallübungen könnten dieses Wissen vertiefen.
Wichtige Empfehlungen hierzu können ab sofort der gemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erstellten DStGB-Dokumentation 123 „Bevölkerungsschutz in Städten und Gemeinden“ entnommen werden. Der Text gibt aus der Fülle von den Bevölkerungsschutzempfehlungen einen auf die Relevanz für Verantwortliche in den Kommunen fokussierenden Ausschnitt wieder. Er enthält auch Hinweise auf weitere Informationsquellen und aktive Unterstützungsmöglichkeiten. Die DStGB-Dokumentation 123 „Bevölkerungsschutz in Städten und Gemeinden“ kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
In der von DStGB-Referatsleiter Ulrich Mohn moderierten Diskussionsrunde zum Thema „Vorausschauend planen – die Krise managen“ brachten verschiedene Fachleute ihre diesbezüglichen Erfahrungen ein: Giulio Gullotta, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Bonn), David Bormann, FORPLAN Forschungs- und Planungsgesellschaft (Bonn), Dr Gernot Wittling, Anstalt Technisches Hilfswerk THW (Berlin) und der Chefredakteur der Zeitschrift „Public Security“ (Berlin). Beim Ausbau der Sicherheitsstrukturen in den Kommunen wurden folgende Faktoren als wichtig für das Gelingen hervorgehoben:
• das gemeinsame und abgestimmte Vorgehen aller Beteiligten,
• finanzielle Ressourcen und deren effektiver Einsatz für den Ausbau des Sicherheitssystems,
• wirkungsvolle Kommunikationsstrukturen vor Ort,
• attraktive Organisationsstrukturen, damit die Rekrutierung von Mitarbeitern und Helfern weiter gelingt,
• eine Haltung in der Kommune, die im Bewusstsein der Verantwortung für die Sicherheit der Bürger tatkräftig die Weiterentwicklung der Notfallpläne fördert.
Die Konferenz „Bürgernahe Sicherheitskommunikation für Städte und Gemeinden“ soll Mitte Juni 2015 erneut in Berlin stattfinden.
Hier gelangen Sie direkt zur DStGB-Dokumentation 123 „Bevölkerungsschutz in Städten und Gemeinden“.