Dr. Landsberg
Insgesamt sind die Erfahrungen mit dem Bildungspaket gut. Am Anfang ist es etwas stockend angelaufen, aber die Städte und Gemeinden haben jetzt Werbung gemacht. Auch die Jobcenter haben die Betroffenen informiert und wir haben jetzt eine Quote von deutlich über 70 Prozent. Das wird gerne angenommen, es ist ja auch zusätzliches Geld. Insofern glaube ich, dass das Programm ein Erfolg war und ein Erfolg ist. Die Unkenrufe, die wir am Anfang gehört haben, z. B. von einigen Wohlfahrtsverbänden, „das war ein Flopp“, die stimmen einfach nicht.
Herr Mäurer
Gibt es dennoch einige Kommunen, die Schwierigkeiten haben, das wirklich an die Kinder zu bringen?
Landsberg
Es ist regional unterschiedlich wie auch die Verteilung der Vermögen in den Kommunen unterschiedlich ist. Aber insgesamt sind wir erfolgreich. Es gibt natürlich Sondersituationen. Wenn beispielsweise ein Land oder auch eine Stadt ohnehin bestimmte Leistungen unentgeltlich an die Eltern oder an die Kinder auszahlt, dann haben die keinen Anlass, ein solches Bildungspaket in Anspruch zu nehmen. Ich will einmal ein einfaches Beispiel nennen: Wenn der Förderverein die Klassenfahrt bezahlt, das bisher gemacht hat und weiter macht, dann wird man im Zweifel nicht den Weg gehen und zusätzlich das noch das Jobcenter oder das Bildungspaket in Anspruch zu nehmen.
Mäurer
Muss man dafür bei einigen Kommunen vielleicht individuellere Bildungspakete schnüren?
Landsberg
Wir haben sehr dafür geworben und waren da auch erfolgreich, die Bewilligung viel weniger bürokratisch umzusetzen. Viele Erleichterungen sind umgesetzt worden. Natürlich wäre es uns am Ende am liebsten gewesen, der Bund hätte den Kommunen das Geld für diese Zwecke zur Verfügung gestellt. Aber dieses ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Insofern ist die jetzige Lösung für uns praktikabel und wir kommen damit auch klar.
Mäurer
Dass die Gelder abgerufen werden und verwendet werden, das ist das eine. Aber ist aus Ihrer Sicht - aus der Erfahrung der Kommunen und Gemeinden - das Bildungspaket tatsächlich das geeignete Mittel, um Chancengleichheit für Kinder aus sozial schwachen Familien herzustellen?
Landsberg
Also ganz sicher ist es nicht das einzige Mittel. Es ist ein Baustein. Den will ich jetzt nicht kleinreden, aber es ist auch nicht die Wunderwaffe. Was sich sehr bewährt hat und was eben leider jetzt nicht mehr stattfindet, ist die Finanzierung der Schulsozialarbeit. Der Bund hat mit 400 Millionen bis Ende 2013 die Schulsozialarbeit finanziert. Das ist gerade für Kinder aus benachteiligten Elternhäusern unheimlich wichtig, war auch sehr erfolgreich. Das sieht nicht so aus, dass der Bund das fortsetzt. Obwohl sowohl Kommunen wie Länder dies gerne so haben würden.
Mäurer
Sind die Kommunen nicht in der Lage, Schulsozialarbeit aus eigener Tasche zu bezahlen?
Landsberg
Dieses Geld können die Kommunen nicht aufbringen. Wir reden von etwa geschätzten 10.000 Schulsozialarbeitern, die aus diesen Mitteln finanziert worden sind. Und das kann die Mehrheit der Kommunen nicht finanzieren und werden das auch nicht finanzieren. Wir sind auf die Länder zugegangen, die sind da auch sehr zurückhaltend. Insofern ist das schade, weil ich glaube, vernünftige Schule, auch übrigens vor dem Hintergrund der Inklusion, wird so ohne effektive nachhaltige Schulsozialarbeit nicht funktionieren können.
Mäurer
Was würden Sie sich vom Städte- und Gemeindebund noch wünschen, was vielleicht noch ins Paket hinein sollte?
Landsberg
Wir würden uns insbesondere wünschen, dass der Bund von den etwa 6 Milliarden, die er in dieser Legislaturperiode an die Länder gibt, ein Teil für Ganztagsschulprogramme reserviert. Aber da bin ich auch nicht sehr optimistisch, dass das so kommt. Denn die Ganztagsschule ist die Schule der Zukunft und sie gleicht auch diese Unterschiede in den Chancen am besten aus.