Der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat in dieser Woche sein Konzept für die Pkw-Maut vorgestellt. Diese soll nur auf Autobahnen erhoben werden. Müssen die Städte und Gemeinden mit einem stärkeren Durchgangsverkehr rechnen?
Landsberg: Wir halten die Beschränkung auf Autobahnen für ein falsches Signal. Die Ausländer werden auf Bundes-, die Kommunalen Straßen und Landstraßen ausweichen und dadurch Staus und Umweltbelastungen auslösen. Die Straßen in den Gemeinden sind in einem desolaten Zustand. Die vom Bundesverkehrsministerium erwarteten 500 Millionen an Einnahmen sind für die Sanierung des Gesamtstraßennetzes viel zu wenig und noch nicht mal sicher.
Profitieren die Städte und Landkreise nicht davon, dass der kleine Grenzverkehr weiterhin möglich ist?
Landsberg: Das hängt von den Örtlichkeiten ab. Der kleine Grenzverkehr wäre nicht belastet worden, wenn Ausländer eine überschaubare Maut hätten entrichten müssten. Auf dem Weg nach Bregenz am Bodensee zum Beispiel fahren viele in Lindau von der Autobahn ab, um sich für die wenigen Kilometer die österreichische Autobahnvignette zu sparen. Die Folge sind endlose Staus, da überlegen sich viele, ob sie nicht doch lieber die Vignette kaufen.
Die Städte und Gemeinden fordern seit langem, an den Einnahmen aus der Maut beteiligt zu werden. Gibt es dafür Zusagen?
Landsberg: Die gibt es nicht und wird es nicht geben. Wenn die Maut für alle Straßen eingeführt worden wäre, hätte man verlangen können, dass auch ein Teil für kommunale Straßen aufgewendet werden soll. Jetzt wird es schwierig. Wir werden wahrscheinlich nichts abbekommen.
Wie marode sind die Straßen und Brücken in den Städten?
Landsberg: Die 610 000 Kilometer kommunale Straßen sind teilweise in einem deutlich dramatischeren Zustand als die 52 000 Kilometer des Bundes. Von den 67 000 kommunalen Straßenbrücken müssten wir 15 Prozent eigentlich sofort abreißen, weil sie nicht mehr sanierungsfähig sind. Über die Hälfte sind sanierungsbedürftig. Das lösen wir, weil wir teilweise kein Geld haben, mit Geschwindigkeitsbeschränkungen oder mit dem Verbot für gewisse Lastwagen. Wir brauchen nach der Berechnung der Bodewig-Kommission, die den Bedarf für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung ermittelt hat, allein für die Sanierung der kommunalen Straßen 2,2 Milliarden Euro pro Jahr und das über einen Zeitraum von 15 Jahren zusätzlich. Da sind die Brücken noch gar nicht eingerechnet.
Lohnt sich der ganze Aufwand für die Maut überhaupt?
Landsberg: Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis. Trotzdem will ich den Verkehrsminister Dobrindt in Schutz nehmen. Er konnte auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung nicht mehr leisten. Es ist eine Quadratur des Kreises, wenn Deutsche nicht belastet werden sollen, Ausländer zahlen sollen, aber nicht diskriminiert werden dürfen und gleichzeitig nennenswerte Einnahmen für die Infrastruktur angestrebt werden. Trotzdem ist es ein Einstieg. Auf einmal ist eine Pkw-Maut in Deutschland akzeptiert, obwohl das vor drei Jahren noch ein Teufelswerk war. Es ist ja auch für die Autofahrer erkennbar, dass wir dringend etwas für unsere Straßen tun müssen. Der Unmut der Bürger in den Kommunen wird deutlich größer. Sie ärgern sich über Schlaglöcher, über Staus und Umweltbelastung. Ich bin sicher, dass das dieses Mautsystem nicht das letzte Wort sein wird. 100 Euro im Jahr würden keine Revolution der Autofahrer auslösen. Am Ende wird man die Nutzer stärker in Anspruch nehmen müssen. Ich finde es auch positiv, dass wir nicht das Pickerl einführen, sondern die Maut elektronisch erfassen. Wir werden in Zukunft ohnehin eine europaweite Harmonisierung der Mautsysteme auf elektronischer Basis brauchen.
Wie sollte eine Maut künftig gestaltet werden?
Landsberg: Wir müssen die Maut zeitlich und entfernungsmäßig staffeln, um die Verkehrsströme zu entzerren und Staus zu verringern. Wer viel fährt und unbedingt in der Stoßzeit über den Kölner Ring will, sollte mehr bezahlen. Wer im ländlichen Raum unterwegs ist, wo es keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, kann sollte wenig bezahlen. Wenn er das dann nachts macht, umso besser. Das Gleiche könnte auch nachts im Ballungsgebiet gelten.
Die Fragen stellte Antje Schröder, Agentur Slangen & Herholz