„Die Grundsteuer ist eine Steuer, die ausschließlich den Gemeinden zusteht. Seit Jahren erbringt sie Einnahmen von ca. 10 Mrd. Euro pro Jahr. Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt derzeit anhand von Einheitswerten. Für Westdeutschland ist maßgeblich das Jahr 1964, für Ostdeutschland das Jahr 1935. Faktisch gelten also seitdem errichtete Gebäude als neu.
Ein Neubau mit modernster Energiespartechnik wird daher nicht anders bewertet als ein heute fast verfallenes Gebäude aus der Nachkriegszeit.
Diese Ungleichbehandlung stufte der Bundesfinanzhof bereits im Sommer 2010 als nicht mehr verfassungskonform ein und legte die Grundsteuer dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. Der Bundesfinanzhof argumentierte, die Steuer verletzte den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz; außerdem käme es zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim Gesetzesvollzug.
Notwendig ist also dringend eine Reform der Grundsteuer.
Im Gespräch sind grundsätzlich drei Reformmodelle:
- Das so genannte Südmodell, das lediglich die Fläche eines Grundstücks und Gebäudes als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung heranzieht. Lage und Ausstattung der Gebäude wären demnach egal. Bundesweit sollten auf dieser Grundlage einheitliche Werte für Grund und Boden angesetzt werden. Das würde zwar die Neubewertung vereinfachen, würde aber von vielen Steuerzahlern sicherlich als ungerecht empfunden. So ist es z. B. kaum nachvollziehbar, dass derjenige, der sich eine teure Luxuswohnung für 10.000 Euro/m2 leistet, den gleichen Grundsteuerbetrag entrichtet, wie der Rentner, der eine einfache Wohnung für 800 Euro/m2 erwirbt.
- Das so genannte Nordmodell zielt auf aktuelle Verkehrswerte ab. Das wäre natürlich gerechter, aber würde einen enormen Verwaltungsaufwand erfordern. Es gibt in Deutschland insgesamt 35 Mio. Grundstücke, die dann auf ihren Verkehrswert überprüft werden müssten. Das erscheint auch deshalb schwierig, weil ein Verkehrswert nur dann deutlich wird, wenn die Immobilie gerade verkauft werden soll.
- Ein drittes, das so genannte Thüringer Modell will den Bodenwert nach dem Verkehrswert berechnen und den Gebäudewert pauschal nach Größe und Nutzungsart. Insoweit stellt dieses Modell einen Kompromiss dar.
Ziel der Städte und Gemeinden muss es sein, die Grundsteuer zu stabilisieren, und in einem gewissen Umfang zu Erhöhungen zu kommen. Das rechtfertigt sich auch daraus, dass im europäischen Vergleich die Grundsteuer in Deutschland vergleichsweise gering ausfällt. Im Übrigen wird man auch für die Grundsteuer den Grundsatz heranziehen müssen, dass breite Schultern – seien es Eigentümer oder Mieter – auch mehr tragen können.
Bei den Berechnungen wird man im Übrigen auch noch überlegen können, ob nicht der Gebäudeversicherungswert ein richtiger Anhaltspunkt sein könnte. Alle Gebäude in Deutschland sind normalerweise mit einer Gebäudeversicherung versehen. Bei der Finanzierung von Immobilien achten auch die Geldinstitute darauf, dass diese Versicherung sehr nah an den tatsächlichen Wert herankommt.
Nach den Wahlen wird es eine vorrangige Aufgabe der Länder sein, hier zu einem effektiven, tragfähigen, aber auch gerechten Modell zu kommen.“