Die europäische Union darf ihre Zukunft nicht nur unter dem Aspekt der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs sehen. Gerade vor dem Hintergrund der dramatischen Finanz- und Wirtschaftslage in vielen europäischen Staaten wollen die Bürgerinnen und Bürger ein soziales Europa. Dazu gehört insbesondere, dass die Menschen selbst entscheiden wollen, wie und auf welche Weise die für sie wichtigen Leistungen der Daseinsvorsorge wie z.B. die Wasserversorgung, der Rettungsdienst oder andere soziale Einrichtungen betrieben werden. „Wir warnen die EU davor, hier ausschließlich unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten den Versuch zu unternehmen, durch rechtliche Vorgaben letztlich Privatisierung zu erzwingen“, sagte der 1. Vizepräsident des DStGB, Roland Schäfer, Bürgermeister der Stadt Bergkamen heute auf dem Deutschen Kommunalkongress 2013 in Berlin.
Es ist schon bemerkenswert, dass z.B. das erste europäische Bürgerbegehren gegen die Dienstleistungskonzession, soweit sie die Wasserversorgung betrifft, in wenigen Monaten das erforderliche Quorum europaweit erreicht hat. Das zeigt zugleich, dass Europas Bürger nicht politikverdrossen sind. Das ist eine große Chance und sollte nicht als Belastung angesehen werden. „Aus unserer Sicht“, sagte Schäfer, „muss deshalb die Wasserversorgung aus der EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie herausgenommen werden. Gerade in Deutschland haben wir eine erfolgreiche dezentrale Wasserversorgung, die Wasser in hoher Lebensmittelqualität zu akzeptablen Preisen produziert. Wir wollen auch die Privatwirtschaft nicht ausschließen, was sich schon daran zeigt, dass 44 Prozent der Wasserversorgungsbetriebe schon heute unter Beteiligung von privaten Unternehmen arbeiten“.
Der Generalsekretär der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) und DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg erklärte, „die Kommunen haben eine Schlüsselfunktion für den Integrationsprozess in Europa. Insbesondere die hohe Jugendarbeitslosigkeit, in Griechenland 59,1 Prozent, in Spanien 55,9 Prozent und in Italien 38,4 Prozent lässt die jüngere Generation zunehmend am europäischen Gesellschaftsmodell zweifeln. Der europäische Verbund der Städte und Gemeinden im RGRE kann hier u.a. über Städtepartnerschaften, Wirtschaftskontakte, Jugendaustausche aber auch durch die Vermittlung von Beschäftigung für die oftmals gut qualifizierten Südeuropäer einen wirksamen Beitrag leisten“.
Deutschland sucht händeringend qualifizierte Fachkräfte und hat selbst mit Österreich die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa mit 7,6 Prozent. Gerade aus einem europäischen Arbeitsmarkt, insbesondere durch die Begegnung junger Menschen, kann ein Zukunftsmodell für einen europäischen Sozialstaat werden. Das ist die entscheidende Chance für Europa, für unsere politische Bedeutung in der Welt und für unsere Zukunft in Wohlstand und Frieden.
„Wir fordern die EU-Kommission auf, dieses riesige Potenzial der Städte und Gemeinden in Europa deutlicher zu unterstützen, politisch aufzuwerten und sich eindeutig zu einem Europa der Kommunen zu bekennen“, sagte Dr. Landsberg abschließend.
Pressemitteilung 28-2013