BVerwG: Kommunales Verwendungsverbot für Grabmale aus ausbeuterischer Kinderarbeit bedarf gesetzlicher Regelung

Michael Thiem  / pixelio.de

Die Antragstellerin - ein örtlicher Steinmetzbetrieb - begehrt mit ihrem Normenkontrollantrag, eine Satzungsbestimmung für unwirksam zu erklären. In der von der Antragstellerin angegriffenen Satzungsbestimmung heißt es unter anderem: „Es dürfen nur Grabmale aufgestellt werden, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne des Übereinkommens über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO-Konvention 182), in Kraft getreten am 19. November 2000, hergestellt wurden.“ Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags hat die Antragstellerin ausgeführt, sie lehne jede Form von Kinderarbeit ab, sei aber nicht in der Lage, die Wertschöpfungskette darzustellen. Die Antragsgegnerin hat ausgeführt, dass der geforderte Nachweis problemlos zu erbringen sei.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte dem Normenkontrollantrag zunächst stattgegeben. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Mit Urteil vom 6. Juli 2012 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof daraufhin den Normenkontrollantrag abgelehnt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs geändert und § 28 Abs. 2 der Bestattungs- und Friedhofssatzung der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt.

Dazu führt das BVerwG im Wesentlichen aus:

Der Verwaltungsgerichtshof war in Auslegung und Anwendung von Landesrecht davon ausgegangen, dass Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Bayerischen Gemeindeordnung die Gemeinden und Städte ermächtigt, in Satzungen die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen und damit auch die Friedhofsnutzung zu regeln. Der sachliche Zusammenhang mit dem Friedhofszweck und auch der spezifisch örtliche Bezug seien in rechtlich einwandfreier Weise hergestellt, da es im Interesse der Würde des Ortes der Totenbestattung liegen könne, dass dort keine Grabmale aufgestellt werden, deren Material in einem weltweit geächteten Herstellungsprozess gewonnen worden ist. Die verfassungsgerichtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) steht einer solchen Auslegung der Bayerischen Gemeindeordnung nicht entgegen. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu. Das schließt indes nicht aus, dass der Gesetzgeber den Gemeinden darüber hinausgehende Aufgaben zuweist.

Die angegriffene Satzungsbestimmung schränkt jedoch die Berufsausübung (gemäß Art. 12 GG) von Steinmetzen in unzulässiger Weise ein. Die Verwendung von Grabmalen aus ausbeuterischer Kinderarbeit auszuschließen, ist ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck. Den Steinmetzen diesen Nachweis aufzubürden, beeinträchtigt deren Berufsausübungsfreiheit jedoch unzumutbar, solange nicht zugleich bestimmt wird, wie dieser Nachweis geführt werden kann. Außerdem erlaubt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 der Bayerischen Gemeindeordnung sowie Art. 8 und 9 des Bayerischen Bestattungsgesetzes reichen dafür nicht aus.

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