Als neuer Präsident des Verbandes wurde mit Wirkung zum 01. Januar 2013 der Bautzener Oberbürgermeister Christian Schramm gewählt. Schramm löst Roland Schäfer, Bürgermeister der Stadt Bergkamen ab, der zum ersten Vizepräsidenten gewählt wurde. Zu weiteren Vizepräsidenten wurden Dr. Uwe Brandl, 1. Bürgermeister der Stadt Abensberg, Roger Kehle, Präsident des Gemeindetages Baden-Württemberg und Fritz Wagner, Bürgermeister der Stadt Kirn gewählt.
Zudem wurde Dr. Gerd Landsberg als Hauptgeschäftsführer wiedergewählt. Landsberg nimmt diese Aufgabe seit 1998 wahr.
Die 40. Sitzung des Hauptausschusses stand unter dem Motto „Mit sicheren Städten und Gemeinden in die Zukunft“. Präsident Schäfer betonte in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung der Sparkassen für stabile Verhältnisse vor Ort: „Gäbe es die Sparkassen nicht, müsste man sie erfinden. Sie sind für die Bürger, den Mittelstand und für uns Kommunen unverzichtbar und gerade in der stürmischen Zeit der Finanzkrise ein Fels in der Brandung.“
Menschenfeindlichkeit begegnen
Unter dem Titel „Werte in einer offenen Gesellschaft“ hob Dr. h.c. Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland und Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, hervor, dass Werte das Schmieröl eines gesellschaftlichen Motors seien. Sie können nicht einfach gemacht werden, sondern seien das Ergebnis einer verständigen Gesellschaft. Dabei würden die Werte der Kirchen sich nicht immer in das politische Machtgefüge einordnen. So würden diese sich stets für die Schwächeren einsetzen. Schneider kennzeichnete Werte als einen dynamischen Prozess, der eine kommunikative Aufgabe von Kirchen und Politik darstelle, um Perspektiven zu setzen. Unter den Aspekten der Sicherheit und Freiheit legte der Ratsvorsitzende eine nüchterne Betrachtungsweise an den Tag. Es gehöre offensichtlich in Teilen der Gesellschaft dazu, sich menschenfeindlich zu verhalten, so Schneider mit Blick auf fremdenfeindliche Übergriffe.Hier müsse immer wieder gegengearbeitet werden.
Auf den Hinweis von Christian Schramm, I. Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, dass die Kommunen manchmal die Größe der sozialen Aufgaben erschlage erwiderte Schneider: „Es bringt ja nichts, wenn wir uns gegenseitig zu setzen.“ Schneider sprach sich gegen Lastenverschiebungen und für die Bereitschaft aus, den eigenen Teil jeweils zu tragen. Steuern dürften nicht als staatliche Sanktion verstanden werden. Hierfür werbe die Evangelische Kirche in Deutschland.
Keine Demokratie ohne starke Kommunen
Dr. Eckard Ruthemeyer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen, betonte in seiner Ansprache die Bedeutung von starken Kommunen für eine Demokratie. Die Kommunen stünden vor großen Herausforderungen wie die Umsetzung der Inklusion, die, so wünschenswert dieses auch sei, mit immensen Kosten verbunden sei. Hier dürften die Städte und Gemeinden nicht alleine gelassen werden. Ruthemeyer unterstrich: „Die Kommunen sind das Fundament der Demokratie.“ Wer Demokratie wolle, müsse die Städte und Gemeinden stärken. Derzeit geschehe aber leider genau das Gegenteil. Viele Menschen würden daran zweifeln, dass die Politik Wege aus dem Schuldenstaat finde und die Sozialsysteme, die sich inzwischen zu einem Sozialdickicht verfingen, reformiere und zukunftsfest mache. Deshalb sei die Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, eine unabhängige Sachverständigenkommission zur Reform der Sozialpolitik einzusetzen, richtig.
Orte der Wirklichkeit
Der Bergkamener Bürgermeister Roland Schäfer, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, rief in seinem Grußwort an die ca. 100 Teilnehmer des Ausschusses die Worte seines Vorgängers Hermann Schmidt-Vockenhausen in Erinnerung: „Die Gemeinden sind der eigentliche Ort der Wahrheit, weil sie der Ort der Wirklichkeit sind“. Keiner sei so nah dran, wie die Kommunen. Je weiter man sich von den Kommunen entferne, desto abstrakter würden die Dinge. „Die Zahlen addieren sich zu großen Summen, manchmal werden sie so groß, dass sie nicht mehr verstanden werden. Irgendwann sind wir dann bei Rettungsschirmen in dreistelliger Milliardenhöhe und bestimmte Interessen versuchen die Wirklichkeit zu bestimmen. Davon sind wir in den Städten und Gemeinden weit entfernt und das ist auch gut so“, führte Präsident Schäfer aus.
Die Gastgeberstadt Münster bot den Ausschussteilnehmern unter anderem im historischen Rahmen im geschichtsträchtigen Rathaus der Stadt eine besondere Atmosphäre. Oberbürgermeister Markus Lewe, begrüßte die Teilnehmer und wusste zu berichten, dass Münster einer der wenigen wachsenden Städte im Münsterland sei. In den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren habe die Stadt vor, weitere 20.000 Einwohner zu gewinnen. Lewe warf ebenfalls einen Blick auf die finanzielle Situation der Kommunen und fand besorgte Worte: „Wer ist heute noch bereit, Führungsaufgaben zu übernehmen, wenn es kaum noch etwas zu entscheiden gibt.“ Es bestünde die Gefahr einer kommunalen Depression, wenn man den Menschen immer nur sage, was nicht gehe. Münster setze daher auf Prävention gerade im Sozialsektor. Zudem arbeite die Stadt daran, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Identitätsgefühl für die Zukunft zu entwickeln.
Landesminister für mehr Wertschätzung persönlichen Engagements
Seitens der Landesregierung vertreten war Minister für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen Ralf Jäger, MdL. Dieser unterstrich in seiner Rede die Bedeutung bürgerschaftlichem Engagements: „Wir brauchen in unserer Gesellschaft mehr Wertschätzung von persönlichem Engagement. Eine Herausforderung wird sein, wie man Bürger mehr dafür begeistern kann, sich z.B. über Stellungnahmen zu beteiligen bzw. aktiver teilzunehmen.“ Gleichzeitig betonte er, dass dieses kein Ersatz für parlamentarische Demokratie sei, sondern eine Ergänzung. In Punkto Sicherheit hielt Jäger eine starke Verbindung der verschiedenen Ebenen beispielsweise durch Ordnungspartnerschaften für wichtig und betonte außerdem die große Bedeutung der freiwilligen Feuerwehren für Nordrhein-Westfalen. Mit Blick auf drohende Nachwuchsprobleme müsse für diese geworben werden. Abschließend sprach der Minister für Kommunales auch das kommunale Finanzproblem an, von dem die Städte- und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen in besonderem Maße betroffen seien. Trotz erster Entlastungen durch den Bund durch schrittweise Übernahme der Grundsicherung sah Jäger noch keine Entwarnung. Die den Kommunen von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Entlastung bei den Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen seien seiner Auffassung nach derzeit nur politische Absichtserklärungen. Auf die vom Deutschen Städte- und Gemeindebund geforderte unabhängige Sachverständigenkommission zur Reform der sozialen Leistungen angesprochen, befürwortete der Landesminister eine solche, sofern man ergebnisoffen herangehe.
Terrorismusexperte: Behörden müssen Bürger mit aktivieren
Im Forum „Sicherheit in Städten und Gemeinden – Bedrohungslagen in Deutschland und Europa“ machte der Terrorismusexperte des ZDF Elmar Theveßen anhand von fünf realen Beispielen deutlich, dass man sich vielerorts in Deutschland nicht der alltäglichen Gefahr der unterschiedlichsten Formen von Terrorismus bewusst sei. Der Terrorismusexperte vertrat die Ansicht, dass es keine nennenswerten Unterschiede zwischen Links- oder Rechtsextremisten oder dem radikalen Islamismus gebe. Nach Theveßen wachse die Gefahr, dass es zu einem Aufschaukeln der Gruppierungen komme: „Eine Attacke wird kommen – es ist nur die Frage, wann.“ Er betonte, dass die Behörden auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen seien. Zu fragen sei, wie man hier die Bürger mit aktivieren könne. De-Radikalisierung könne nach Ansicht des Stellvertretenden Chefredakteurs des ZDF nur gelingen, wenn frühzeitig angesetzt werde. Theveßen warnte abschließend davor, Terrorismus bloß als Thema in Großstädten zu begreifen. Das Beispiel der Sauerland-Gruppe zeige, dass auch der ländliche Raum betroffen sei.
Leben wir heute sicher?
Mit dieser Frage befassten sich die Teilnehmer der Gesprächsrunde „Sicherheit als zentrale Aufgabe“ unter der Moderation von Franz-Reinhard Habbel, DStGB.
Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, beantwortete die Frage, ob wir heute sicherer leben, als vor zwanzig Jahren mit einem eindeutigen „Nein“. Problematisch seien die insbesondere die zunehmenden Einbrüche, da diese auch nicht durch Präsenz vermeidbar seien. Mittlerweile könne die Polizei bedauerlicherweise kaum noch präventiv tät sein. Neben der Kassenlage sei es problematisch, qualifiziertes Personal zu gewinnen, da nach Abschaffung der Wehrpflicht nunmehr die Bundeswehr als Konkurrent auf dem Markt mit auftrete. Wendt plädierte für weniger Bürokratie, um Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Als Beispiel nannte er seine Forderung nach einer Pkw-Halterhaftung bei Bußgeldern, um aufwendige Ermittlungsverfahren bei Polizei- und Ordnungsbehörden zu vermeiden. Wendt betonte, dass die Polizei zwar das Gewaltmonopol habe, jedoch kein Monopol auf Sicherheit. Für Sicherheit sollten sich alle Beteiligten gleichermaßen verantwortlich fühlen. Er sprach sich indes für eine Vernetzung von Bund, Ländern und Kommunen ohne Monopol einer Stelle aus.
Professor Dr. Wolff-Rüdiger Dombrowsky von der Steinbeis-Hochschule Berlin unterstrich in der Debatte, dass sich die Frage, ob wir heute sicherer leben, nicht pauschal beantworten lasse. Genauso wie Zahlen sich unterschiedlich interpretieren ließen, gebe es auch regionale Unterschiede, sowie die sogenannte gefühlte Sicherheit. Letztere habe gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine zentrale Bedeutung, da sich gerade viele ältere Menschen gefährdeter fühlen würden, als sie es tatsächlich seien. Dombrowsky hob hervor, dass eine zentrale Herausforderung für die Kommunen sei, dass unsere Gesellschaft heute in gekoppelten Systemen lebe. So könne ein Anschlag auf die Strom- oder Wasserversorgung in einem Ort Auswirkungen auf die gesamte Region oder weiter haben. Der Wissenschaftler postulierte: „Kommunen werden „verinseln“. Sie sollten sich in den gekoppelten Systemen darauf vorbereiten. Hierfür müssen entsprechende Planungen vorgehalten werden.“
Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Christoph Unger verwies darauf, dass sich die Gefahren im Gegensatz zu früher geändert hätten. Heute seien wesentlich mehr plötzlich auftretende Ereignisse wie Hochwässer zur größeren Herausforderung geworden. Unger hob zudem die Bedeutung von IT-Sicherheit hervor. Gerade hier seien große Unterschiede sowohl regional als auch im Grad der Vorsorge erkennbar. Mit Blick auf die Zukunft unterstrich der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dass auf Vernetzung und integrierte Lösungen zu setzen sei: „Jeder ist aufgefordert mehr zu tun, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.“
Hans-Peter Kröger, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, wagte eine optimistischere Einschätzung hinsichtlich der heutigen Sicherheit der Menschen in den Städten und Gemeinden im Gegensatz zu früher: „Wir sind heute sicherer.“ In vielen Gemeinden sei der Personalbestand der freiwilligen Feuerwehr in Ordnung. Auch sei unter Berücksichtigung der Personengruppen der Menschen mit Migrationshintergrund und Frauen noch Ausbaupotential vorhanden. Die – durchaus vorhandenen – Probleme seien bei weitem nicht so ausgeprägt, wie man vermuten könne.
Nach Einschätzung von Georg Moenikes, Oberbürgermeister von Emsdetten, habe die Gewalt im öffentlichen Raum zugenommen. Zudem gebe es im Bereich der gefühlten Sicherheit eine negative Entwicklung. Die Polizei könne nicht alles von den Bürgern an Sicherheit geforderte leisten. Möglichkeiten, mit denen in Teilbereichen Abhilfe geschaffen werden könnte, wie Videoanlagen, seien vor dem Hintergrund des Datenschutzes nicht unproblematisch. Dieses müsste den Bürgern auch ehrlich kommuniziert werden. Moenikes, dessen Stadt im Jahre 2006 mit einem Amoklauf an einer Realschule, einen großen Gewaltakt zu verwunden hatte, betonte außerdem aus eigener Erfahrung, wie wichtig die Kommunikation zwischen den einzelnen Stellen sei, die einen Beitrag zur Sicherheit vor Ort leisteten. Dieses war ein bedeutender Baustein dafür, dass die Erlebnisse analysiert und bestmöglichverarbeitet werden konnten, um so wieder den Bürgern Sicherheit zu vermitteln.
Radikale Ansätze ohne Aussicht auf Erfolg
Abschließend verwies Christian Schramm, I. Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes auf den historischen Tagungsgort, in welchem der Westfälische Frieden geschlossen und der Dreißigjährige Krieg beendet wurde. Frieden bedeute auch Kompromissfähigkeit. „Wir werden immer nach Lösungen suchen müssen, die kompromissfähig sind. Radikale Ansätze haben wenig Aussicht auf Erfolg.“