Meldegesetz verbessern – Vertrauensverhältnis schützen

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Quelle: pixelio/Eva-Maria Roßmann

Er betonte im Inforadio, die Gebühren müssten immer kostendeckend sein. Deshalb sei es nicht zutreffend, dass durch die Weitergabe von Personendaten das "große Geschäft" zu machen wäre.

Nachfolgend ist das Interview in Textform wiedergegeben:

Alexander Schmidt-Hirschfelder (rbb-inforadio):  Eine ganze Reihe heißer Eisen hat der Bundesrat heute angefasst. Mindestlohn, Frauenquote und das Meldegesetz.

Das Meldegesetz hat die Länderkammer erst einmal gestoppt und an den Vermittlungsausschuss verwiesen. Es war im Juni im Bundestag im Schnellverfahren durchgewinkt worden. Damit sollten Behörden die Daten von Bürgern einfacher an Dritte weitergeben können, es sei denn, die Bürger legen vorher ausdrücklich Widerspruch ein. Kritiker sorgen sich um den Datenschutz.  Befürworter des Meldegesetzes sagen, wirklich sensible Daten würden gar nicht weitergegeben. Außerdem bringe der Verkauf von Daten den Kommunen Geld ein.
Gerd Landsberg ist der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und jetzt bei mir am Telefon. Ich grüße Sie ganz herzlich, Herr Landsberg.

Dr. Gerd Landsberg:  Ja, guten Tag, Herr Schmidt-Hirschfelder

Schmidt-Hirschfelder: Ist der Verkauf von Personendaten für die Meldeämter tatsächlich so lukrativ?

Landsberg: Das Geschäft macht nicht das Meldeamt, sondern der Datenhändler. Es gibt eine Gebühr, das ist richtig, die liegt je nach Bundesland zwischen 5 und 8 Euro. Aber Gebühren unterliegen dem Äquivalenzprinzip, das heißt, sie müssen kostendeckend sein. Das heißt, wir haben natürlich auch Kosten, wir haben Personal, wir haben Software, wir haben Schulungen. Die Behauptung, die Kommunen machen die große Kohle mit Daten, die ist einfach unzutreffend. 

Schmidt-Hirschfelder: Können Sie denn einmal so eine Ziffer sagen, wie viel Geld dadurch insgesamt in die Kassen der Kommunen geschwemmt wird?

Landsberg: Ich habe keine genauen Daten, aber es ist einmal eine Zahl genannt worden von 56 Millionen Euro im Jahr. Das klingt natürlich jetzt für einen Zuhörer nach einer ganzen Menge, aber im Gesamthaushalt der Kommunen, mit 170 Milliarden Euro, ist das ja eine zu vernachlässigende Größe.

Schmidt-Hirschfelder: Wer interessiert sich denn bislang für diese Personendaten?

Landsberg: In erster Linie sind das natürlich Datenhändler und Werbefirmen, die interessiert sind, bestimmte Gruppen zu kennen, zu wissen, wo die wohnen, vielleicht auch, wo die hinziehen, denn auch daraus kann man natürlich Geschäfte ableiten. Insofern gibt es schon auch eine rege Nachfrage. Aber es gibt auch ganz einfache Dinge: Ein Mieter zahlt nicht und zieht weg und der Vermieter läuft dem Geld hinterher. Diese Fälle gibt es natürlich auch. Dann gibt es die harmlosen Fälle. Jemand will ein Klassentreffen machen, sein Abiturjahrgang ist 1960 und er möchte wissen, wo sind die damaligen Mitschüler heute abgeblieben. Es gibt eine Vielzahl an Fragen, die gestellt werden.

Schmidt-Hirschfelder: Wie stehen Sie denn persönlich zu dem Meldegesetz wie es jetzt im Bundesrat erst einmal nicht geglückt ist?

Landsberg: Wir als Deutscher Städte- und Gemeindebund sind froh, dass das Vermittlungsverfahren so gelaufen ist. Das Gesetzgebungsverfahren war schon etwas ungewöhnlich. Ursprünglich hieß es, es bedarf der Einwilligung. Hierzu haben wir gesagt, das ist in Ordnung, das schützt die Daten. Dann ist das geändert worden, ohne dass wir angehört wurden. Dann hieß es ja, es muss ein Widerspruch her und dann, und das ist eigentlich das Entscheidende, wurde eine weitere Änderung vorgenommen, die sagte, es ist kein Widerspruch möglich, wenn der Datenhändler oder der Abfragende zumindest die Grunddaten kennt. Wenn er also sagt: Der Herr Müller, der wohnte doch in Bonn. Nun sagt mir doch einmal, wohnt der noch in Bonn oder wohnt der in Berlin?“ Dann hätte der Widerspruch nichts genützt. Das wollen wir nicht. Wir wollen schon dieses besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Meldeamt schützen. Und deswegen glauben wir, dass dieser letzte Gesetzentwurf jetzt zu Recht im Vermittlungsverfahren abgelehnt worden ist. Es ist ja auch interessant, dass das einstimmig erfolgt ist. Es hat also mit Parteipolitik nichts zu tun. Es wird sicherlich ein neues Gesetz geben und das wird ein besseres sein. Dann muss man wissen, wie ist denn die Rechtslage jetzt. Im Moment ist es in den meisten Ländergesetzen so, dass Sie Widerspruch einlegen können. Wenn Sie das nicht getan haben, dürfen die Daten weitergegeben werden. Und wenn sie sich als Bürger z. B. in Berlin anmelden, kriegen sie ein Formblatt, da können Sie ankreuzen, Widerspruch ja oder nein. Wenn man jetzt zur Einwilligungslösung kommt, ist das natürlich noch ein Schritt weiter.

Schmidt-Hirschfelder: Wie müsste denn ein Kompromiss Ihrer Meinung nach aussehen?

Landsberg: Ich bin ziemlich sicher, dass man zum ursprünglichen Gesetzesentwurf zurückkehrt und sagt, Weitergabe nur dann, wenn der Bürger einwilligt. Wir haben eine hohe Sensibilität in der Bevölkerung in Sachen Datenschutz und ich glaube, dass man dem so am besten Rechnung trägt. Es gibt natürlich zusätzliche Mittel, z. B. wenn jemand gestalkt wird, wenn er verfolgt wird. In diesen Fällen gibt es auch eine Auskunftssperre und die Behörde darf dann niemanden etwas sagen. Auch das ist eine Möglichkeit, die es gibt. Also vielleicht ist die Aufregung auch ein bisschen übertrieben.

Schmidt-Hirschfelder: Nun gab es das Beispiel der Partei der Grünen in Sachsen. Die haben die Kommunen aufgefordert, Daten einfach nicht mehr zu verkaufen. Würden Sie sich dem auch anschließen können?

Landsberg: Also erstens haben Kommunen nie Daten verkauft. Kommunen müssen sich ans Gesetzt halten. Im Moment sagt das Gesetz, und das gilt auch für Sachsen, wenn der Bürger nicht widersprochen hat, dann darf das Datenmaterial weitergegeben werden, allerdings nur Name, Vorname, Doktortitel oder ob die Person gestorben ist und daran halten sich die Kommunen.

Schmidt-Hirschfelder: Haben Sie vielen Dank. Das war Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zu der Frage, wie geht es weiter mit dem umstrittenen Meldegesetz in Deutschland.

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