Solidarpakt: Keinen neuen West-Ost-Konflikt inszinieren
Oberbürgermeister im Ruhrgebiet rebellieren gegen den Solidarpakt für die neuen Länder. Muss der Aufbau West jetzt Vorrang haben?
Die Entwicklung im Westen ist besorgniserregend. Es gibt einen riesigen Investitionsbedarf. Wir sollten den Solidarpakt aber nicht schlecht reden. Ich warne davor, jetzt einen neuen Ost-West-Konflikt zu inszenieren. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass die Finanzkraft der Kommunen in den neuen Ländern im Schnitt immer noch bei nur 70 Prozent des Westens liegt. Abwanderung und Alterung machen den Städten und Gemeinden im Osten bereits jetzt zu schaffen. Die Bundesländer haben vereinbart, dass der Solidarpakt II bis zum Jahr 2019 gilt. Daran sollte man nicht rütteln.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) fordert bereits einen „Ruhr-Soli“. Wie kann den Kommunen im Westen geholfen werden?
Zuerst sind die Länder gefordert, die Kommunen mit angemessener Finanzkraft auszustatten. In NRW gibt es die Situation, dass die Kommunen direkt für den Solidarpakt zahlen müssen. Das grundlegende Problem ist jedoch der rasante Anstieg der Soziallasten. Die Kommunen müssen hier immer mehr Kosten tragen, ohne einen angemessenen Ausgleich. Die schrittweise Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter durch den Bund kann nur ein erster Schritt sein. Den Städten und Gemeinden auch im Westen wäre zum Beispiel geholfen, wenn sie von den Kosten der Eingliederungshilfe für Behinderte (jährlich 13,9 Mrd. Euro) entlastet würden, zumal eine Stadt auf diese Kosten keinen eignen Einfluss hat.
Sollte der Solidarpakt II nach 2019 auslaufen?
Wir müssen einen Weg finden, um dauerhaft Geld für Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu gewährleisten – unabhängig von der Himmelsrichtung. Der Solidarpakt sollte nach dem Jahr 2019 umgewandelt werden: Wir benötigen einen Fonds, der Gelder für benachteiligte Kommunen und Regionen in West und Ost nach Bedürftigkeit für Investitionen bereitstellt.