Fiskalpakt: Bundesregierung hat Bedeutung der Kommunen erkannt

Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB

Nachfolgend ist das in der Passauer neuen Presse erschienene Interview, das Rasmus Buchsteiner führte, wiedergegeben:

Zum Streit ums Meldegesetz: Ein fragwürdiger Passus erlaubt Adresshändlern den Zugriff auf Daten der kommunalen Register und gerät scheinbar unbemerkt ins Gesetz. Wie konnte das passieren?

Gerd Landsberg: Ich kenne die genauen Hintergründe nicht. Der ursprüngliche Entwurf sah noch eine Einwilligungslösung vor. Das halte ich auch für richtig. Ohne Einwilligung des Betroffenen sollten Daten nicht weitergegeben werden können. Es gibt ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Meldebehörden. Da darf noch nicht einmal der Anschein entstehen, dass Daten an Adresshändler einfach so weitergegeben werden.

Bisher haben die Kommunen kein Geld mit der Weitergabe von Meldedaten verdient?
Landsberg: Von Geschäftemacherei kann keine Rede sein. In Fällen, in denen es keinen Widerspruch der Betroffenen gibt, werden Daten weitergegeben. Dann wird eine Gebühr erhoben, mit der die Kommunen ihre Kosten decken.
Wirbel um Pläne des Bundesfamilienministeriums zur Verschärfung des Ausgehverbots für Jugendliche − ist es tatsächlich Zeit für strengere Regeln?
Landsberg: Dieser Vorschlag ist eine typische Idee mitten im Sommerloch. Es ist ja richtig, etwas gegen das so genannte Komasaufen zu unternehmen. Aber mit einem verschärften Ausgehverbot kommt man nicht weiter. Ich frage mich, wer das kontrollieren soll. Wir haben jetzt schon Probleme, die Einhaltung der bestehenden Alkoholverbote zu kontrollieren.

Das Bundesverfassungsgericht prüft die Klagen gegen Fiskalpakt und ESM. Rechnen Sie mit einer Überraschung in Karlsruhe?
Landsberg: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Ich gehe davon aus, dass Fiskalpakt und ESM vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben werden. Es wäre ein verheerendes Signal für Europa, wenn dieser wichtige Schritt hin zu einer Stabilitätsunion scheitern würde. Das Bundesverfassungsgericht wird sicherlich auch würdigen, dass Bundestag und Bundesrat jeweils mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt haben. Es ist möglich, dass die Richter einige Vorgaben zum Verfahren bei der Übertragung weiterer Hoheitsrechte nach Europa machen werden.

Was wäre ein Plan B für den Fall, dass Fiskalpakt und ESM dennoch scheitern?
Landsberg: Wir werden keinen Plan B brauchen. Von den Kritikern des Krisenmanagements höre ich immer nur, was alles schief läuft. Einen konstruktiven Alternativvorschlag gibt es aber nicht. Ohne Fiskalpakt und ESM werden wir die Probleme Europas nicht lösen. Wenn der Euro zerbricht, scheitert Europa. Das hätte gravierende Auswirkungen auf unseren Wohlstand. Es würde zu einem sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland führen.

Welche Effekte der Eurokrise spüren die Kommunen?
Landsberg: Zum Glück hat die Bundesregierung erkannt, dass der Fiskalpakt nur einzuhalten ist, wenn die Kommunen entlastet werden. Nun stellt der Bund zusätzliches Geld für Städte und Gemeinden bereit und wird mittelfristig die Eingliederungshilfe für Behinderte in ein Bundesleistungsgesetz überführen.
Dennoch: Niemand sollte sich Illusionen machen. Die Verschuldungsprobleme werden nicht von alleine verschwinden. Wir werden grundlegende Reformen brauchen. Nach dem Fiskalpakt dürfen sich Bund, Länder und Kommunen zusammen noch mit 14 Milliarden Euro verschulden. Allein die Kommunen haben im vergangenen Jahr sechs Milliarden Euro Kassenkredite aufgenommen.

(Quelle: http://www.pnp.de/nachrichten/heute_in_ihrer_tageszeitung/politik/463612_Von-Geschaeftemacherei-kann-keine-Rede-sein.html)

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