Adhocracy

Adhocracy

Lange wurde im Bundestag über die Schaffung einer Plattform für mehr Bürgerbeteiligung gestritten. Am 24. Februar wurde die Internetplattform www.enquetebeteiligung.de freigeschaltet, die ein Modellprojekt ganz im Sinne des Web 2.0 darstellt. Der Bürger übernimmt hier die Rolle des 18. Sachverständigen in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft. Auf dieser Internetplattform, die auf dem Open-Source-Programm „adhocracy“ basiert, können die Bürger Vorschläge machen, Diskutieren und letztendlich die Vorschläge bewerten. Bereits wenige Tage nach Freischaltung der Plattform kann eine hohe  und konstruktive Diskussionsbereitschaft bei den Nutzern verzeichnet werden.

Will man den Sinn und die Funktionsweise dieser Plattform verstehen, sind zwei Begriffe von Bedeutung. Zunächst baut dieses Projekt auf dem Konzept der „liquid democracy“ auf.  Dieser Begriff soll für eine neue Form der Demokratie stehen, welche die starren Strukturen des heutigen Systems verflüssigt. Dies bedeutet, dass die Grenzen zwischen der repräsentativen und der direkten Demokratie verwischt werden sollen. So kann durch „liquid democracy“ die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Bürger individueller am politischen Prozess partizipieren. Statt nur alle vier Jahre eine Partei oder einen Abgeordneten mit der Durchsetzung seiner Interessen zu beauftragen, soll der Bürger nun auch innerhalb einer Wahlperiode in Debatten eingreifen und seine Meinung äußern können.

Der zweite wichtige Begriff in diesem Projekt ist „adhocracy“. „Adhocracy“ ist der Name der Open-Source-Software , die auf dieser Plattform eingesetzt wird. Der Begriff stammt aus dem englischen und bezeichnet eine Organisationsform, die sich als Gegensatz zur Bürokratie definiert.  Bezogen auf das Projekt der Enquete-Kommission, geht es bei diesem Organisationsmodell darum, dass es nur einen kleinen operativen Kern(die Kommission) besitzt und die Teilnehmenden Bürger zum Hilfsstab dieser „Organisation“ werden. Die Koordination soll durch gegenseitige Abstimmung stattfinden.
Natürlich ist es nicht der Anspruch dieser Plattform die direkte Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland einzuführen, sondern die Bürger wieder näher an den politischen Betrieb heranzuführen und das „know-how“ der Bevölkerung sinnvoll zu nutzen. 

Zu beachten ist bei der Plattform www.enquetebeteiligung.de, dass sie zunächst nicht vom Deutschen Bundestag eingesetzt wird, sondern ein Angebot des Liquid Democracy e.V. und der Enquete Internet und digitale Gesellschaft. Sie stellt somit nicht „das“ offizielle Werkzeug des Bundes, sondern nur „ein“ Werkzeug dar.  

(Toni Perkovic)

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