Ohne Gesetz kein Schulessen

Leistungen aus dem Bildungspaket für bedürftige Kinder wird es vorerst nicht geben: Der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte dieser Zeitung: „Die Jobcenter machen jetzt gar nichts und wir Kommunen auch nicht. Ohne Gesetz gibt es keine Leistungen. Denn wir können nicht sicher sein, dass wir das Geld auch zurückkriegen.“ Die Kommunen fordern daher eine schnelle Einigung über die Hartz-IV-Neuordnung im Vermittlungsausschuss. „Solange das Gesetz nicht beschlossen ist, können die Jobcenter weder den höheren Regelsatz zahlen noch den Kindern das versprochene Bildungspaket gewähren“, sagte Landsberg am Dienstag in Berlin. Das Nachhilfe- oder Musikstunden, auf die bedürftigen Kinder nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Anfang 2011 an eigentlich einen Anspruch haben, schon im Januar beginnen, schließt er damit aus.

Landsberg weist auf ein Problem hin, das bald die Sozialgerichte beschäftigen könnte: Der Aufschlag von 5 Euro kann rückwirkend gezahlt werden; bei der Nachhilfestunde oder dem Schulmittagessen geht das nicht. „Niemand kann im Februar nachträglich für Januar in der Schule Mittag essen.“ Derzeit liefen in Jobcentern und Kommunen nur die organisatorischen Vorbereitungen für das Bildungspaket von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Die Eltern könnten für ihre Kinder Anträge und Förderstunden oder andere Leistungen stellen. Die Städte und Gemeinden seien darauf vorbereitet. Diese Anträge würden auch bearbeitet, um die Zeit zu nutzen, aber die Leistungen noch nicht gewährt.

Insgesamt geht es um rund 2,3 Millionen Kinder und Jugendliche, deren Eltern Hartz IV beziehen. Hinzu sollen nach dem Willen der Opposition noch rund 140.000 Kinder kommen, deren Eltern zwar keine Grundsicherung erhalten, deren Einkommen aber so niedrig ist, dass sie Anspruch auf Wohngeld haben. Für eine solche Erweiterung hat sich von der Leyen offen gezeigt.

Das Vermittlungsverfahren sollte nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes außerdem dazu genutzt werden, Kosten und Bürokratie zu minimieren. „Wie von der Mehrheit der Länder gefordert, wäre es sinnvoll, den Städten und Gemeinden eine Pauschale zu zahlen, aus der sie das Paket für die Kinder in Eigenregie umsetzten“, sagte Landsberg. „Der Bund will 750 Millionen Euro dafür ausgeben. Uns wäre es am liebsten, der Bund gäbe jeder Kommune eine Pauschale, errechnet aus den anteiligen Betrag je Kind und der Zahl der Kinder im Hartz-Bezug. Dann könnten die Kommunen das Teilhabepaket und das Mittagessen organisieren. Das würde Bürokratiekosten und Personal sparen und das Verfahren beschleunigen. Und an dem individuellen Rechtsanspruch des Einzelnen – wie ihn das Verfassungsgericht festgelegt har – änderte diese Konstruktion nichts.“ Landsberg verweist darauf, dass die Leistungen für jedes einzelne Kind nicht gedeckelt sind und etwa die Nachhilfe bei Bedarf auch deutlich üppiger ausfallen kann, als der Durchschnittsbetrag es erlaubt. Auch die 750 Millionen Euro im Haushalt seien keine feste Obergrenze.

Die Jobcenter in Eigenregie mit der ungewohnten Bildungsaufgabe zu betrauen, hält Landsberg für keine gute Idee. In der Praxis sollte es so ablaufen, dass die Kommunen im Auftrag des Jobcenters die Leistungen organisierten und abrechneten, da sie einen genauen Überblick über die Vereinsstruktur (Musikschulen, Sportvereine, Nachhilfeeinrichtungen) hätten. Von der Leyen will in den Jobcentern rund 1.300 neuen Stellen bewilligen, damit sie die neue Aufgabe erfüllen können. Dafür sind 135 Millionen Euro vorgesehen. Die Opposition kritisiert diesen Plan.

Die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um 5 Euro und dessen Berechnung hält der Deutsche Städte- und Gemeindebund dagegen für akzeptabel. „Wer einen Regelsatz von mehr als 400 Euro fordert, nimmt in Kauf, dass damit die Zahl der Leistungsempfänger um weitere 2 Millionen Personen steigt und erhebliche Belastungen für die Kommunen mit sich bringt.“ In der öffentlichen Debatte werde zu wenig beachtet, dass neben dem Grundbetrag auch die Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung sowie die kompletten Unterkunftskosten übernommen würden.


(Artikel erschienen in der FAZ vom 22. Dezember 2010)

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