Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft ein Haushaltsloch von -11 Milliarden Euro. „Der wirtschaftliche Aufschwung kommt in den Kassen der Kommunen nicht an“, sagte der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Roland Schäfer auf der Bilanzpressekonferenz des DStGB heute in Berlin. Von Entwarnung für die kommunalen Haushalte könne keine Rede sein. Die Krise der Kommunalfinanzen halte unvermindert an.
„Allein die Sozialausgaben belasten die kommunalen Haushalte in diesem Jahr mit über 41 Milliarden Euro“, stellte Schäfer fest. Vor zehn Jahren waren es noch 26 Milliarden Euro. Diese Entwicklung drängt die Kommunen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. „Die Gemeindefinanzkommission muss zügig ein Entlastungskonzept vorlegen“, forderte Schäfer. Die vom Bundesfinanzminister geäußerte Bereitschaft des Bundes, die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von gegenwärtig 3,9 Milliarden Euro pro Jahr vollständig zu übernehmen, sei ein positives Signal. “Die Entlastungswirkung muss aber bereits 2011 einsetzen“, betonte Schäfer und wies zugleich darauf hin, dass dies nicht ausreiche. Der Bund müsse sich auch an den Kosten der Unterkunft und den Aufwendungen für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, die zusammen über 20 Milliarden Euro pro Jahr betragen, stärker beteiligen.
Zufriedenstellend entwickelt sich auf der Einnahmenseite die Gewerbesteuer. Nach einem Einbruch um gut -20 Prozent im Jahr 2009 erwartet der DStGB bereits in 2010 wieder einen leichten Zuwachs bei den Gewerbesteuereinnahmen. Das zeige, dass diese wachstumsdynamische Steuer nicht abgeschafft, sondern durch Einbeziehung der freien Berufe gestärkt werden müsse. Schäfer warnte zudem vor einer Schwächung der Gewerbesteuer: „Eine Abschaffung von Hinzurechnungen wird auf nachhaltigen Widerstand der Städte und Gemeinden stoßen.“ Die Zusage des Bundesfinanzministers, dass die Gewerbesteuer erhalten und nicht geschwächt wird, müsse weiter gelten.
Aufgrund der dramatischen Finanzlage der Städte und Gemeinden ist das Vertrauen der Bürger in die lokale Demokratie in großer Gefahr. „Die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der örtlichen Demokratie steht auf dem Spiel“, stellte Schäfer fest. Nach einer im Auftrag des DStGB durchgeführten Forsa-Umfrage ist das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland in die kommunale Politikebene deutlich größer als das Vertrauen zur Bundes- bzw. Landesregierung. Dieses Vertrauen dürfe aber nicht länger aufs Spiel gesetzt werden. Dazu gelte es die Kommunen ihren Aufgaben angemessen finanziell auszustatten.
Nach der Forsa-Umfrage ist die große Mehrheit der Bundesbürger nämlich 77 Prozent der Meinung, dass die Steuermehreinnahmen zur Verbesserung der Finanzsituation von Städten und Gemeinden verwendet werden sollten.
Für Steuersenkungen spricht sich nur eine Minderheit von 18 Prozent aus.
Selbst von den FDP-Anhängern plädiert nur eine Minderheit von 20 Prozent dafür, die Steuermehreinnahmen für Steuersenkungen zu verwenden. „Wir erwarten, dass durch die Regierungsparteien jetzt endlich ein Ruck geht, die Kommunen schnell und nachhaltig zu entlasten“, sagte Schäfer abschließend.
Die ausführliche Bilanz 2010/2011 steht unten zum Download zur Verfügung.
Pressemitteilung Nr. 59/2010
Weitere Infos
- Bilanz 2010 und Ausblick 2011 der deutschen Städte und Gemeinden (PDF, 6 MB)
- Bürgerbeteiligung modernisieren - Planungsverfahren straffen - Wirtschaftsstandort Deutschland stärken
- Forsa-Umfrage Dezember 2010 im Auftrag des DStGB (PDF, 61 KB)
- SWR1-Interview zur Finanzlage der Kommunen mit Dr. Gerd Landsberg vom 28. Dezember 2010 (PDF-Dokument)
- "Öffentliche Mittel auf Rekordtief" - Kommentar im Deutschlandradio vom 28. Dezember 2010 (Homepage des Deutschlandradio)