Die OECD hat der griechischen öffentlichen Verwaltung gerade ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Wie soll das Land wirtschaftlich und finanziell wieder auf die Beine kommen, wenn es am Wesentlichen fehlt?
Landsberg: Deutsche Städte und Gemeinden sind bereit, ihre Expertise den griechischen Kommunen zur Verfügung zu stellen. Gerade erst hat es die zweite Deutsch-Griechische Versammlung in Thessaloniki gegeben, wo Griechen und Deutsche ihre Erfahrungen ausgetauscht haben, darunter waren Kommunalpolitiker, Freundschaftsvereine und Nichtregierungsorganisationen. Wir bieten den griechischen Partnern eine Art Aufbauhilfe an, wie sie westdeutsche Gemeinden nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland geleistet haben.
Wo können Sie anknöpfen? Bei den Städtepartnerschaften?
Landsberg: Leider gibt es derzeit zwischen Deutschland und Griechenland gerade einmal 37 Städtepartnerschaften, zwischen deutschen und französischen Kommunen sind es über 2000. Da muss mehr passieren. In Thessaloniki wurde eine Vermittlungsbörse vereinbart, über die Lokalpolitiker neue Kontakte knüpfen sollen.
In welchen Bereichen sind denn Kooperationen sinnvoll?
Landsberg: Da ist der schon angesprochene Aufbau einer modernen Verwaltung. Darüber hinaus gibt es fast zwei Dutzend Themen, von der Unternehmensansiedlung über die Abfallwirtschaft und den Tourismus bis hin zum Jugendaustausch. Auch auf dem Gebiet erneuerbare Energien und Energieeffizienz haben deutsche Städte in den vergangenen 15 Jahren viel Know-how gesammelt.
Wie sieht es mit dem Einsatz von deutschen Beratern aus?
Landsberg: Die deutschen Kommunen könnten zum Beispiel Seniorexperten nach Griechenland schicken. Deren Arbeit ist ehrenamtlich. Wir fordern von der Bundesregierung allerdings, dass sie die Reisekosten für die Berater übernimmt. Wir haben darüber bereits mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Hans-Joachim Fuchtel, gesprochen. Er ist Beauftragter der Bundesregierung für die Deutsch-Griechische Versammlung.
Welche Fördermittel gibt es?
Landsberg: Seitens der EU stehen für Griechenland ca. 15 Milliarden Euro bereit, die nicht abgerufen werden können, weil es an ausgereiften Projekten und der Koordination mangelt. Auch können griechische Banken nicht ausreichend Bürgschaften geben.
Wenn Sie die desolate Situation in Griechenland betrachten, besorgt Sie dann die Zukunft der Europäischen Union?
Landsberg: Wenn der Euro scheitert, dann scheitert die Integration und dann scheitert auch Europa. Dabei haben wir doch längst eine europäische Identität. Mir macht die Jugendarbeitslosigkeit große Sorgen - fünf Millionen junge Menschen sind in der EU ohne Job. Teilweise handelt es sich um gut qualifizierte Arbeitskräfte, die wir hier in Deutschland brauchen. Eine große Bank in Norddeutschland hat zum Beispiel kürzlich mehrere spanische Jugendliche erfolgreich eingestellt.
Wohin soll die EU gehen?
Landsberg: Wir müssen das Europäische Parlament stärken und der EU mittelfristig eigene Steuereinnahmen ermöglichen. Das kann auch die nationalen Budgets entlasten.
Und die Kommunalfinanzen?
Landsberg: Es ist richtig, dass der Bund die Grundsicherung im Alter übernimmt. Darüber hinaus sollte er uns bei den über 13 Milliarden Euro unter die Arme greifen, die die Eingliederungshilfe für Behinderte kostet. Behinderung ist ein Lebensrisiko, das abzusichern ist nicht Aufgabe der Kommunen.