Vielen ist sicher noch der letzte „Jahrhundertwinter“ in Erinnerung. Wochen lang lag der Schnee zum Teil meterhoch in den Straßen. Millionen von Schlaglöchern wurden vom Frost aufgerissen, der kommunale Winterdienst war im Dauereinsatz, es kam zu Unfällen, geborstenen Leitungen, vielen Rettungseinsätzen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte geschätzt, dass der letzte Winter die Städte und Gemeinden mit Zusatzkosten von bis zu 3,5 Mrd. Euro belastet hat.
Seitdem haben die Gemeinden alles in ihrer Kraft stehende getan, um vor allem die Infrastrukturschäden im Straßennetz zu beseitigen. So gut es eben in Anbetracht leerer Kassen möglich war. Die dramatische Unterfinanzierung der Kommunen und namentlich des kommunalen Straßenbaus haben verhindert, dass alle Schäden repariert werden konnten. Die Städte und Gemeinden sind insgesamt für rund 450.000 Kilometer Straße verantwortlich! Das ist mehr als 6mal soviel wie alle Bundesstraßen und Autobahnen zusammen. Die Städte und Gemeinden verfügen nicht mehr über die nötigen Mittel, um die öffentliche Infrastruktur wie gewohnt in Ordnung halten zu können. Das kann zu Folgeschäden führen.
Wenn wir wieder einen so strengen Winter bekommen, wird sich der Zustand vieler Straßen und Wege noch verschlechtern. Kein Straßennutzer will Schlaglochpisten, die Leute wollen, dass die Städte und Gemeinden die Wege in Ordnung halten können. Dazu müssen wir die nötigen Finanzmittel bekommen.
Nach den Schätzungen des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) hat der kommunale Straßenbau einen Investitionsbedarf von über 160 Milliarden Euro (!) bis zum Jahr 2020 insgesamt. Der jährliche Finanzbedarf für den kommunalen Straßenbau wird auf 8 bis 10 Mrd. Euro geschätzt. Zur Verfügung stehen aber max. 5 Mrd. € im Jahr. Der Investitionsbedarf kommunale Straßen hat also ohnehin schon einen regelmäßigen jährlichen Fehlbetrag von bis zu 5 Mrd. Euro.
Doch damit nicht genug! Nach Erhebungen des DStGB wurde im letzten Winter teilweise doppelt, in einigen Fällen dreimal soviel Streusalz und Streugut wie in normalen Wintern verwendet wurde. Seit Mitte Januar bis ca. Mitte Februar 2010 wurde die gesamte Tagesproduktion der Salzindustrie auf 50.000 t hochgefahren und verwendet! Dabei sind noch nicht die Kosten für Personal- und Betriebsstoffaufwand des Winterdienstes eingerechnet. Von den engagierten Mitarbeitern im kommunalen Winterdienst wurden hunderttausende Überstunden geleistet und Millionen von Straßenkilometern abgefahren, zum Teil unter schwersten Bedingungen.
Hinzu kommt die dramatische Finanzsituation der Kommunen. Das kommunale Finanzierungsdefizit wird in diesem Jahr 2010 bei geschätzt 12 Mrd. Euro liegen. Das ist ein trauriger Nachkriegsrekord. Wir brauchen eine Aufgaben gerechte Finanzausstattung der Städte und Gemeinden. Bund und Länder müssen die Gemeinden v. a. von zu hohen Sozialausgaben entlasten. Damit wir z.B. die Reparatur der vielen Schäden auf unseren Straßen überhaupt finanzieren können.
Wir werden bei einer anhaltenden öffentlichen Finanznot auch nicht umhin kommen, über verminderte Standards im Winterdienst nachzudenken. Es müssen und können nicht immer alle Straßen freigeräumt und gestreut werden. Auf Autobahnen werden ggf. nicht immer alle Spuren frei sein können – das haben viele bereits zeitweise im letzten Winter erlebt. Der Einsatz von Salz könnte reduziert werden.Perspektivisch werden sich die Autofahrer darauf einstellen müssen. In anderen Ländern ist man bereits das Fahren auf festen Schneedecken im Winter gewöhnt. Dazu kann es auch bei uns in Deutschland kommen.
Aber: Jeder Straßennutzer und Bürger ist auch aufgerufen, sich selbst verantwortlich zu verhalten. Indem er zum Beispiel für eine für ordentliche Kfz-Bereifung sorgt und den winterlichen Straßenverhältnissen angepasst fährt. Und ein jeder ist angehalten, seine Räum- und Streupflichten vor der eigenen Türe gewissenhaft wahrzunehmen.